Heute machte
ich mich auf zur Burg.
Es war immer
schon ein Platz, an den ich gerne wiederkehrte. Hier konnte ich gut sein und
die Zeit fragte nicht nach Stunden.
Die Sonne
schien auf mein Gesicht, streichelte zärtlich meine Wange und ließ mich die
Wärme genießen.
Vertraulich
verharrte ich in der Stille.
Bunte
Blütenpracht hatte der Frühling dieser Welt bereits beschert, er lud ein im
Grase zu sitzen und dahin zu sinnen.
Alte
Steinmauern vom Moose übersät, erzählen wirre Geschichten aus der
Vergangenheit.
Meine Blicke
schweifen umher und als ich dort an der alten steinernen Mauer empor schaue,
bemerke ich etwas.
Dort oben,
hinter dem vergitterten Fenster, wo das Efeu in jahrelanger Arbeit einen grünen
Vorhang geflochten hatte, bewegte sich
ein Schatten.
Ein Rabe
flog über das Burggemäuer und setzte sich auf den von Efeu umrankten
Fenstersims.
Eine Frau
von edler Herkunft wandelte den Weg entlang, den selten jemand ging. Er umringte die Burg und war von Sträuchern
und Gehölzen vielseitiger Blütenschönheit bewachsen. Das Kleid von Mylady war
üppig und sie hatte Mühe, immer wieder vor stacheligen Zweigen, die in den Weg
hineingewachsen waren und sich in ihrem Saum verhaken wollten, auszuweichen.
Nun sah auch
sie, wie ich es zuvor tat, das Gemäuer entlang, bis zu dem Fenster, wo der
Schatten immer noch zu erahnen war.
Mylady ging
näher an das Gemäuer heran und schaute, ob sie etwas Genaueres erkennen könne.
Doch es gelang ihr nicht. Der Rabe krächzte dreimal laut, als verteidige er
sein Revier und wolle ihr sagen, sie solle sich fortmachen.
Dann nahm
sie Platz auf der Bank gegenüber der schmalen Treppe, die mit bunten wilden
Blumen bestückt war und dort im Einklang mit der Natur ihren Platz an der Sonne
erkämpft hatten. Diese Treppe führte zu einer kleinen Tür, die meist
verschlossen war. Auch hier hatte die Natur Spuren hinterlassen, weil niemand
sonst diese geheime Tür nutzte.
Doch heute
kam es anders. Plötzlich öffnete sich die Tür und es erschien eine Gestalt in
edler Kleider gehüllt. Die mit Spitze besetzten Ärmel flatterten im Wind, als
Mylord eine ehrwürdige Verbeugung vollzog.
„Mylady, was
verschafft mir die Ehre eures Besuches in diesen alten und vermoderten Mauern
meiner heimischen Gefilde?“
„ Oh Mylord,
ich kam immer wieder mal hierher, um nach dem Rechten zu sehen. Ich bin gerne
hier und erfreue mich an dieser üppigen Blütenpracht, rings herum um dieses
alte Gemäuer . . . und ich wollt sehen, ob das Licht in eurem Fenster brenne,
das eure Rückkehr ankündigen würde?“ Beschämt sah sie auf die Fußspitzen, die
unter dem langen pompösen Kleid hervor lugten.
„ Seid
herzlich willkommen, Mylady!“
Er kam die
Treppe hinunter um Mylady zu begrüßen. Er vollzog noch einen weiteren
Diener vor ihr und fragte: „Darf ich zur
Begrüßung eure zarten Lippen berühren und Ihnen einen Kuss schenken, der auch
mein Herz wärmen und meine Träume in kalten Nächten begleiten wird. Seine Augen
strahlten in einem mystisch schönen grün, als er sich zu ihr hinunter beugte
und sie zärtlich küsste.
Dann erhob
er sich wieder und Mylady fiel es schwer, ihre Augen zu öffnen, während er ihr
seine Lippen entzog. Was für ein wohlig kribbelndes Gefühl der Kuss dieses
Menschen in ihr auslösen konnte, fragte sie sich still und öffnete langsam
wieder die Augen.
Mylord hatte
vor ihr auf der letzten hölzernen Treppenstufe Platz genommen und sah sie
glücklich an. Mylady saß immer noch auf dieser Bank und beugte sich näher zu
ihm vor. Dann stellte sie ganz unladylike ihre Ellenbogen auf die Knie und
stützte ihren Kopf mit beiden Händen ab.
In ihren
Augen war Glück und Freude zu lesen.
„Schön, dass
ihr wieder zurück seid, Mylord! Erzählt mir von eurer Reise!“
„Ach Mylady,
ich war lange fort, stets unterwegs und immer auf der Suche!“
„Habt ihr
gefunden, wonach ihr suchtet, Mylord?“
„Eine große
Frage und eine lange Geschichte, auf der Suche nach einer Antwort! Habt ihr
genug Geduld, meiner Geschichte zu lauschen?“
„Gerne doch
Mylord! Ich bin gespannt!“
„Gut Mylady,
ich will beginnen!“ Er stellte den Ellenbogen auf das angezogene Knie und legte
sein Kinn nachdenklich in die rechte Hand. Dann sah er kurz zum Himmel, wo die
Sonne mit den Wolken ein heiteres Spiel vollzog und begann zu erzählen.
„Mylady, wie
soll ich es sagen?
Ich fand die Einsamkeit und die Traurigkeit. Ich fand Kälte und Verwirrung in meiner Seele, jedoch auch Einklang und Ruhe. . .und ich fand den Frieden, tief in meinem Herzen!“
Ich fand die Einsamkeit und die Traurigkeit. Ich fand Kälte und Verwirrung in meiner Seele, jedoch auch Einklang und Ruhe. . .und ich fand den Frieden, tief in meinem Herzen!“
Er machte
eine kleine Pause und sah tief in ihre Augen. Verträumt lenkte er den Blick gen
Himmel und sprach weiter: „Doch es gab auch etwas, was ich vermisste!“
Ich wanderte
durch die ganze Welt, viele Meilen, Tag für Tag. Die Sonne schien hoch oben am
Himmel und sie begleitete jeden meiner Schritte, doch ich konnte sie nicht
spüren. Ich vermisste die Sonne, die mein Herz und meine traurige Seele zu
wärmen vermochte.
Viele
Menschen kreuzten meinen Weg und ich begegnete Wissenden
und Frageneden,
Lehrenden und Lernenden, . . .;
doch niemand
war darunter, der es vermochte, die Sonne wieder in mein Herz scheinen zu
lassen.
Es war eine
sehr lange Suche!“
Gedankenverloren
schauten seine müden Augen in die obersten Baumwipfel, wo der Rabe sich auf
einem Ast hin und her wiegen ließ und lustvoll krächzte.
Mylady war
gerührt und tupfte sich mit ihrem Spitzentaschentuch eine Träne aus dem
Augenwinkel. Dann stand sie auf und stellte sich vor Mylord!
„ Mylord, es
ist Zeit! Wir sollten gehen!“, sagte sie leise und reichte ihm die Hand.
Mylord wurde
aus seinen Gedanken gerissen und sah sie nun an. Sein Blick schien zunächst wie
leer, doch nach und nach wurde er wacher. Er nahm ihre Hand und hielt sie fest.
Sein Blick war verbunden mit dem Ihren. Niemand vermochte dieses Band zerreißen
können, was diese zwei Menschen hier verband.
Leise begann
er zu sprechen: „ Mylady, ihr ward es, was ich suchte! In all der Zeit und auch
davor. Wie war ich doch so bind? Denn wenn ich in eurer Gesicht schaue und euer
Lächeln mich begrüßt, spüre ich die Sonne bis tief in meine Seele scheinen. Sie
bringt mir Licht für jeden neuen Tag und umarmt wohlig warm mein Herz.
Danke, dass
ihr gekommen seid, Mylady!“
Mylady
zitterten die Knie vor Rührung und Verlegenheit. Doch sie hielt stand bis
Mylord sich aufgerichtet hatte. Dann umfasste er ihre Taille und drückte sie
zärtlich an sich. Gemeinsam gingen sie ihren Weg.
Die Sonne
verabschiedete sich bereits hinter den dunklen Mauern der Burg. Der Wind tat
sich auf und es fröstelte mich. Ich klappte das Buch, in dem ich soeben
schrieb, zu und sammelte meine sieben Sachen zusammen. Dann verließ ich diesen
mystischen Ort und war gewiss, ich würde wieder kommen.
Ein Hauch von Romantik fürs kommende Wochenende
schenkt Euch
*fineinhorn*